Tryptase

Tryptase ist das in den Mastzellen überwiegend vorkommende Protein. Auch in den Basophilen ist das Protein zu finden, dort allerdings in viel geringeren Mengen.

ImmunoCAP® Tryptase misst die Gesamttryptase-Konzentration, die sich aus allen inaktiven Vorstufen von α-Tryptase und β-Tryptase sowie aus der enzymatisch aktiven, reifen β-Tryptase zusammensetzt. Tryptasevorstufen werden kontinuierlich von den Mastzellen freigesetzt und in die Blutbahn abgegeben, wo sie die Anzahl der Mastzellen widerspiegeln. Sie bilden bei gesunden Menschen die basale Tryptasekonzentration. Hohe basale Tryptasekonzentrationen dienen als Risikomarker, die bei bestimmten Patienten auf die Gefahr von schweren anaphylaktischen Reaktionen hinweisen. Besonders hoch ist diese Gefahr nach parenteraler Zuführung von Substanzen, wie beispielsweise Insektengifte oder Arzneimittel.
Pathologisch erhöhte Konzentrationen von Tryptasevorstufen weisen auf die übermäßige Mastzellenanhäufung bei bestimmten hämatologischen Abnormalitaten und Neoplasmen hin und geben bei systemischer Mastozytose Aufschluss über den Schweregrad der Erkrankung. Reife Tryptase wird in den Granula von ruhenden Mastzellen gespeichert. Sie wird während der Mastzellaktivierung durch IgE-vermittelte oder andere Mechanismen in die Blutbahn abgegeben. Die vorübergehend erhöhten Konzentrationen reifer Tryptase dienen als klinische Marker, die schwere Reaktionen als Anaphylaxie bestätigen.

Bei gesunden Menschen liegt die Basalkonzentration in einem Bereich von ungefähr 1 bis 15 μg/l.
Jeder Mensch verfügt über eine individuelle Basalkonzentration, die im Verlauf der Zeit normalerweise stabil ist. Bei einer Studie mit augenscheinlich gesunden Personen, denen im Abstand von vier Jahren Proben entnommen wurden, blieb die basale Tryptasekonzentration nahezu unverändert.

Hohe basale Tryptasekonzentration, ein Risikofaktor für schwere Reaktionen
Manche Menschen mit erhöhten basalen Tryptasekonzentrationen (ca. >10μg/l) gelten als stark gefährdet in Bezug auf schwere anaphylaktische Reaktionen. Konzentrationen zwischen 10 und 20 μg/l deuten auf eine übermäßige Mastzellenanhäufung hin, wobei nicht unbedingt eine Mastozytose zugrunde liegen muss. Das erhöhte Risiko gilt insbesondere für Personen mit einer bekannten Vorgeschichte hinsichtlich systemischer Reaktionen.

Risikopatienten mit schweren Reaktionen auf Insektengifte und Arzneimittel
Hohe Tryptasekonzentrationen als Risikofaktor wurden besonders bei der Abklärung und Behandlung von schweren Reaktionen auf Insektengifte näher untersucht (Spezifische Immuntherapie: SIT). Ferner können hohe Basalkonzentrationen auch einen Risikofaktor für schwere Reaktionen bei Operationen darstellen. Dort werden die Reaktionen durch Anästhetika und andere perioperative Substanzen ausgelöst.

Tryptase als klinischer Marker bei schweren Reaktionen auf Insektengift
Insbesondere Gifte von Hymenoptera, normalerweise Bienen, Wespen und Ameisen, können Auslöser von schweren anaphylaktischen Reaktionen sein. Durchschnittlich liegt die Prävalenz von systemischen anaphylaktischen Reaktionen auf Insektenstiche ungefähr bei 3%. Sie schwankt bei Studien mit Selbsteinschätzung zwischen 0,3 und 7,5%. Bis zu 25% der Patienten mit schweren Reaktionen weisen eine hohe basale Tryptasekonzentration auf. Daher ist es wichtig, Patienten mit hohen Basalkonzentrationen zu identifizieren, da diese Menschen zu schweren anaphylaktischen Reaktionen neigen. Ursache einer erhöhten Konzentration kann eine zugrunde liegende Mastozytose sein. Der klinische Nutzen der Messung von vorübergehend erhöhten Tryptasekonzentrationen wurde bei der Diagnose und Behandlung von Patienten mit schweren Insektengiftreaktionen eingehend untersucht. Beim Auftreten schwerer Reaktionen sollten noch während der Reaktion Blutproben entnommen werden, um einen vorübergehenden Tryptaseanstieg nachzuweisen, der die Aktivierung der Mastzellen bestätigt. Der Mechanismus kann IgE-vermittelt sein oder ohne immunologischen Hintergrund direkt durch die Giftkomponenten ausgelöst werden. Ein Test auf spezifische IgE-Antikörper hilft bei der Diagnose einer Insektengiftallergie.

Hohe basale Tryptasekonzentrationen erfordern eine besonders aufmerksame Patientenbehandlung

  • während der Immuntherapie (SIT)– besondere Vorsicht bei jeder einzelnen Behandlung
  • nach der SIT – Erwägung einer lebenslangen Behandlung – EpiPen® (Epinephrin-Autoinjektor) muss stets griffbereit sein

Tryptase als klinischer Marker bei schweren perioperativen Reaktionen
Risikomarker bei Operationen
Schwere Reaktionen während Narkosen oder Operationen sind selten. Treten sie dennoch auf, ist es wichtig, den Mechanismus und die Ursache zu bestimmen. Schwere Symptome wie Bronchospasmus und Kreislaufkollaps, die eine Notfallsituation hervorrufen, werden meist sofort von Chirurgen und Anästhesisten wahrgenommen.

Krankengeschichte wichtig
Hohe basale Tryptasekonzentrationen weisen auf eine übermäßige Mastzellenanhäufung hin und können einen Risikofaktor in Bezug auf schwere Reaktionen wahrend Operationen darstellen. Einen weiteren Risikofaktor bildet die Sensibilisierung, d.h. das Vorhandensein spezifischer IgE-Antikörper gegen Substanzen, denen die Patienten bei einer Operation ausgesetzt sind.

Bestätigung von Anaphylaxie
Zur Bestätigung einer anaphylaktischen Reaktion hat sich das Messen des vorübergehenden Anstiegs der Tryptasekonzentration während der perioperativen Phase als hilfreiche Maßnahme etabliert. Während der perioperativen Phase sind Patienten einer Vielzahl von Agenzien ausgesetzt, die schwere, potenziell lebensbedrohliche Gegenreaktionen verursachen können.

Beispiele fur Auslösersubstanzen

  • Muskelrelaxanzien (Neuromuscular Blocking Agents, NMBA), z.B. Succinylcholin
  • Naturlatex, z.B. Handschuhe, Katheter
  • Antibiotika, z.B. Penicillin/β-Lactame
  • Desinfektionsmittel, z.B. Chlorhexidin
  • Beruhigungsmittel / Schlafmittel, z.B. Thiopental
  • Kolloide, z.B. Dextran
  • Opioide, z.B. Morphin
  • andere Substanzen, z.B. Röntgenkontrastmittel

Tryptase bei Mastozytose
Permanent hohe Konzentrationen von Tryptasevorstufen im Blut spiegeln die gesteigerte abnormale Mastzellenanhaufung bei Mastozytose wieder. Diese heterogene Krankheit geht haufig mit einer Mutation im Rezeptor für den Stammzellfaktor (Stem Cell Factor, SCF) einher. Dabei handelt es sich um ein Zytokin, das das Überleben und die unkontrollierte Vermehrung der Mastzellen begünstigt.

Bei der kutanen Mastozytose (CM), wie beispielsweise bei Urticaria pigmentosa (UP), finden sich nur in der Haut pathologische Mastzellinfiltrate. Die Tryptasekonzentration liegt hier im Allgemeinen bei <20μg/l.

Bei der systemischen Mastozytose (SM) treten als häufigstes Symptom Hautläsionen auf. Daneben sind das Knochenmark und/oder mindestens ein extrakutanes Organ, wie Leber, Milz, Magen-Darm-Trakt und Lymphknoten, betroffen. Die Tryptasekonzentration liegt in den meisten Fällen bei >20μg/l.
Die systemische Mastozytose wird weiter unterteilt in Klassen mit unterschiedlichem Schweregrad.

  • Indolente systemische Mastozytose (ISM)
  • Knochenmarksmastozytose (Bone Marrow Mastocytosis, BMM) – Untergruppe der ISM, die sich auf das Knochenmark beschränkt, sog. isolierte BMM
  • Schwelende systemische Mastozytose (SSM)
  • Systemische Mastozytose (SM) mit assoziierter klonaler hämatologischer Nicht-Mastzell-Erkrankung (SM-AHNMD)
  • Aggressive systemische Mastozytose (ASM)

Tryptase bei hämatologischen Neoplasmen
Die hohe diagnostische und prognostische Aussagekraft des Tryptasewerts zeigt sich bei hämatologischen Anomalien und Malignitaten (Neoplasmen) unabhängig davon, ob eine systemische Mastozytose festgestellt wird.

Diese hämatologischen Störungen gehen mit einem unkontrollierten Wachstum unreifer myeloischer Zellen im Knochenmark und/oder im Blutkreislauf einher. Neben Mutationen wie bei der Mastozytose stellen auch andere chromosomale Defekte oder Gendefekte eine häufige Ursache für die Entwicklung dieser Krankheiten dar.

  • Akute myeloische Leukamie (AML)
  • Chronische myeloische Leukamie (CML)
  • Myeloproliferative Erkrankungen (Myeloproliferative Disorders, MPD)
  • Myelodysplastisches Syndrom (MDS)
  • Chronische myelomonozytare Leukamie (CMML)
  • andere myeloische Neoplasmen

Chronische eosinophile Leukamie (CEL)Hämatologische Nicht-Mastzell-Erkrankungen, z.B. chronische eosinophile Leukamie (CEL), die begleitend zu einer systemischen Mastozytose (SM) auftreten, werden als SM-AHNMD (Systemic Mastocytosis – Associated clonal Haematological Non-Mast cell lineage Disorder) bezeichnet.

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